Ziele für Wallfahrer

„Nicht in weite Ferne schweifen“

AUGSBURG – Vor Kurzem kamen in Augsburg die Leiter der Pilgerstellen aus verschiedenen Diözesen zu ihrer Tagung zusammen. Neben einem Rückblick auf vergangene Fahrten wurde etwa das Pilger-Programm zum Augsburger Ulrichsjubiläum vorgestellt. Diakon Andreas Martin leitet die Pilgerstelle im Bistum. Im Interview berichtet er über bevorstehende Höhepunkte und Erfahrungen bei den Pilgerstellen. 

Herr Diakon Martin, wie ist unter den Organisatoren von Pilgerreisen die Stimmung? Sind die Pilger nach der Corona-Pause zurückgekehrt?

Die Zusammenkunft der Pilgerstellen aus ganz unterschiedlichen Diözesen war gut und fruchtbringend. Das Stimmungsbild ist, dass wir generell der Zukunft positiv entgegensehen. Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass die coronabedingte Pause bei Pilger- und Wallfahrten für viele Mitarbeiter zunächst eine Herausforderung war. Auch diejenigen, die sich als Pilger oder Wallfahrer auf den Weg machen wollten, mussten den generellen Stopp erst einmal verkraften.

Eines ist jedoch sehr deutlich geworden: Die Motivation vieler Menschen, die sich im guten Sinne auf einen Pilgerweg begeben wollen, ist nie versiegt. Es war mir auch für unsere Pilgerstelle in der Diözese wichtig, die Pause gut zu nutzen, um kreativ und auch positiv in die Zukunft zu blicken. Wir werden schließlich auch  von Gott geführt.

Die Corona-­Pause wurde so zu einer geschenkten, intensiven Arbeitszeit. Viele Ideen sind gewachsen und werden von den Menschen dankbar angenommen. 

Welche Pilgerziele sind generell beliebt?

Wie bei allem gibt es auch im Pilgerwesen Trends. Erstaunlicherweise halten meist die Trends von Pilgerzielen ewig lange. Und das ist auch gut so. Es wäre kaum auszudenken, was geschehen würde, wenn plötzlich die Pilgerströme zu den bekannten Wallfahrts- und Pilgerzielen abreißen würden. Lourdes oder Rom, um nur zwei Trends zu nennen, wären ohne pilgernde Menschen spirituell kaum denkbar und sind alternativlos. 

Darüber hinaus gilt es, neben den traditionellen Orten weitere Wallfahrts- und Pilgerziele in den Blick zu nehmen, die das Angebot bereichern und ausweiten. Dazu muss man auch gar nicht in weite Ferne schweifen. 

Beispielsweise greifen wir die Thematik des Friedens auf und fahren nach Hamburg: eine Stadt, in der sich durch den internationalen Handel der Weltfrieden als sehr interessantes Thema bietet. Wir verbinden das mit Wilhelmshaven, dem Besuch im Deutschen Marinemuseum sowie auf der Hochseeinsel Helgoland. Wie wurde und wird „Frieden“ verstanden, gelebt und welche Rolle spielt die Kirche an solchen Orten? Diese Fragen werden uns begleiten.

Zum Ulrichsjubiläum haben Sie besondere Angebote in Ihr Programm aufgenommen (wir berichteten). Welche dieser Reisen wird in Ihren Augen das Highlight?

Der heilige Ulrich bietet eine Fülle von Möglichkeiten, ihn in besonderer Weise näher kennenzulernen. Es ist schön, ihn spirituell und informativ zu erfahren. Ebenso auch ganz unkonventionell bei einer Fahrradwallfahrt durch unsere Diözese. 

Auch Tageswallfahrten mit dem Bus sind vorgesehen: Sie führen nach Wittislingen, den Geburtsort Ulrichs, und St. Gallen, den Ort seiner Studien. Im Oktober findet eine Bahnpilgerfahrt von München nach Augsburg statt. Im nächsten Jahr werden wir uns dann in Südtirol auf die Spuren des heiligen Ulrich begeben, und noch vieles Weitere ist geplant. 

Eine der Reisen führt bis nach Nordfriesland zur nördlichsten Ulrichs­kirche. Was macht diese Fahrt für die Teilnehmer reizvoll?

Es ist erstaunlich, dass eine der nördlichsten Kirchen Deutschlands dem heiligen Ulrich geweiht ist. Und das ist kein Zufall. Der damalige Augsburger Bischof Josef Stimpfle hat 1977 die Weihe dieser Kirche in St. Peter-Ording vorgenommen. Im Eingangsbereich dieser wunderschönen Kirche steht eine Replik der Ulrichsfigur aus dem Augsburger Dom. Es hat großen Reiz, ein Stückchen Augsburger Diözesan­heimat an einem ganz anderen Ort zu erfahren, ebenso das Weltkulturerbe Wattenmeer und die Region mit einer sehr hohen Kirchendichte nach Einwohnern anzuschauen.

Sie wollen mit den Pilgerreisen Kirche erfahrbar machen. Wie geschieht das konkret?

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, sagt der Dichter Matthias Claudius, und ich glaube, er hat recht. Der Mensch will sich in aller Regel mitteilen und austauschen. Von Mensch zu Mensch aber auch von Mensch zu Gott und umgekehrt. „Pilger sein heißt sich in die Welt hineingeben, sich inkarnieren, solidarisch mit allen Menschen sein und den Weg mit den Menschen gemeinsam gehen“ (Gaudium et Spes, Zweites Vatikanum). Damit dies geschehen kann, braucht es die Kirche, die sich dann ganz menschennah zeigt.

Haben Sie von Teilnehmern schon die Rückmeldung bekommen, dass sie sich durch das Erlebte im Glauben gestärkt gefühlt haben?

Es erstaunt mich immer wieder, wenn mir berichtet wird, was die Menschen bei ihrer Wallfahrt oder Pilgerreise erfahren haben. Neben vielen anderen Dingen ist es dies: Viele sind in der Tat im Glauben gestärkt worden oder gar wieder zum Glauben gekommen. Kurz gesagt: Pilgern und Wallfahren tut gut!

Interview: Barbara Lang, Ulrich Schwab 

23.04.2023 - Bistum Augsburg